Paläo Diät - Was ist dran am neuen Trend?

Paläo Diät - Lebensmittel
bevorzugte Lebensmittel - © Mara Zemgaliete / Fotolia

Verschiedene Ernährungstrends begeistern derzeit ihre Anhänger und sorgen für weitere Fans. Darunter der vegetarische und vegane Boom, auf den längst auch die Lebensmittelindustrie reagiert hat. Das Gleiche gilt für den Trend auf bestimmte andere Lebensmittelgruppen - nicht nur auf Fisch und Fleisch - zu verzichten, sondern auch auf Milchprodukte (laktosefrei) und Getreideprodukte (glutenfrei). Während einige Menschen aufgrund einer diagnostizierten Intoleranz auf Milchprodukte oder Getreide wie Weizen, Roggen und Dinkel verzichten müssen, springen vermehrt Menschen ohne ärztliche Empfehlung auf den Trend auf, mit dem Wunsch, sich dadurch gesünder zu ernähren. Diätpläne mit Low-Carb-Ansatz wie die Atkins-Diät, Logi-Methode oder Lutz-Diät, bei denen die Kohlenhydrataufnahme reduziert werden soll, sind genauso auf dem Vormarsch wie das sogenannte Clean Eating, bei dem möglichst naturbelassene Zutaten zum Einsatz kommen sollen. Dieser Ansatz reicht bis zur Rohkost. In jüngster Vergangenheit tritt daneben ein weiterer Ernährungstrend ins Zentrum der Aufmerksamkeit: die sogenannte "Steinzeit-Diät" - Paläo.

Die sogenannte "Steinzeit-Diät" - Was ist das eigentlich?

Anders als beim vegetarischen/veganen Ernährungstrend darf und soll bei der Ernährungsweise nach Paläo-Prinzip Fisch und Fleisch konsumiert werden. Die Idee ist denkbar einfach: Zurück zum Ursprung - essen wie unsere Vorfahren - die Jäger und Sammler - jedoch gestaltet sich die Umsetzung mitunter schwierig. Schließlich betreibt der Mensch seit ungefähr 10.000 Jahren Landwirtschaft und das mit signifikanten Auswirkungen auf die Zusammensetzung einzelner Pflanzen und auch Tiere, die konsumiert werden. Vor allem stärkehaltige Produkte wie Kartoffeln, Linsen und Brot haben Einzug in unseren Speiseplan gehalten. Stärke ist ein Mehrfach-Zucker (Polysaccharid), der im Körper in Maltodextrin und Monosaccharide zerlegt wird. Stärkehaltige Produkte vom Brot bis zur Kartoffel zählt man zu den Kohlenhydraten. Aber auch gewöhnlicher Haushaltszucker ist ein Kohlenhydrat. Kohlenhydrate dienen unter anderem als Energielieferanten. Zu viel kann jedoch dick und schließlich krank machen. Jäger und Sammler haben diverse Wurzelgemüse wahrscheinlich schon vor Ankunft der Landwirtschaft gegessen, Getreide jedoch nicht. Da das Zeitreisen bisher nicht möglich ist, haben sich die Paläo-Anhänger von den Ernährungswohnheiten der bis heute existierenden Naturvölker inspirieren lassen, z.B. von den Masai und den Inuits.

Steinzeitmenschen waren Omnivore

Je nach lokalen Gegebenheiten und nach Jahreszeit wurde in der Steinzeit wohl mal mehr, mal weniger Fisch und Fleisch konsumiert. In jedem Fall wurde die menschliche Ernährung durch eine Vielzahl von Gemüsesorten, Blättern und Kräutern, Samen, Beeren und anderen Früchten ergänzt. Einige Naturvölker sind irgendwann dazu übergegangen, Lebensmittel zum Haltbarmachen zu fermentieren. Ein modernes, heimisches Beispiel dafür ist das Sauerkraut oder andere eingelegte Lebensmittel, die wichtige Bakterien für eine gesunde Darmflora liefern.

Was isst ein moderner Steinzeitmensch bzw. Paläo-Anhänger?

Paläo-Anhänger kombinieren Ansätze des Clean Eatings und zeigen auch Einflüsse der Low-Carb-Bewegung. Auf industriell verarbeitete Lebensmittel wird weitestgehend verzichtet. Vor allem der Konsum von Zucker (auch Fruktose, Invertzuckersirup/Glukose-Fruktose-Sirup, etc.), Salz und Weizen wird radikal reduziert. Mit Gras oder Heu gefüttertes Rind und andere Fleisch- und Fischprodukte sind erlaubt. Am besten eignet sich Wild, wenn es gerade Saison hat. Auf Wurstwaren wird jedoch verzichtet. Bio-Freilandeier und auch Innereien dürfen auf den Speiseplan. Größtenteils ernährt sich der moderne Steinzeitmensch jedoch von biologischem Gemüse und Obst. Daneben sind (Wild-)Kräuter, Samen und Kerne, sowie gesunde Fette gern gesehen. Hochwertiges Pflanzenöl wie Kokos- und Olivenöl, sowie gesättigte Fette wie Schmalz und Ghee sind mehrfach gesättigten Pflanzenölen wie Sonnenblumen- oder Rapsöl unbedingt vorzuziehen.

Gibt es Verbote bei der Paläo-Ernährung?

Folgende Lebensmittel sollten aus der Küche verschwinden, wenn man strikt nach der Paläo-Ernährungweise leben möchte:

  • Getreideprodukte
  • Zucker, stärkehaltiges Gemüse wie Kartoffeln
  • Hülsenfrüchte und Nachtschattengewächse (Tomaten, Kartoffeln, etc.)
  • Genussmittel wie Alkohol, Kaffee, Tee, Schokolade und Kakao
  • unverdünnte Fruchtsäfte (enthalten zu viel Zucker)
  • Herkömmliche Pflanzenöle zum Braten (Sonnenblumen-, Raps-, Sojaöl, etc.) und Margarine
  • Nüsse
  • Milchprodukte

Nach einer kurzen Umstellungsphase hat man das glutenfreie Backen oft schnell raus. Häufig ist es einfacher, eine Übergangsphase zu erlauben, in der bestimmte Lebensmittel lediglich reduziert, aber noch nicht ganz gestrichen werden. Vor allem Schokoliebhabern fällt so der Umstieg leichter. Bestimmte Lebensmittel dürfen nach einer gewissen Zeit in geringen Mengen wieder in den Speiseplan integriert werden. Hierzu zählen etwa Milchprodukte, Nüsse und Hülsenfrüchte, die nicht gekocht werden müssen wie z.B. Erbsen.

Was bringt die Paläo-Ernährung?

Das Konzept der Paläo-Ernährung beruft sich auf einige wissenschaftliche Erkenntnisse der jüngsten Vergangenheit im Bereich der Ernährungswissenschaft (Ökotrophologie). Zwischen der menschlichen Gesundheit und der individuellen Ernährungsweise, das ist bereits in der traditionellen Naturheilkunde bekannt, besteht ein Zusammenhang. Daher zieht dieser Ernährungstrend vor allem Betroffene von Intoleranzen und Autoimmunkrankheiten an.

Warum verzichten Paläo-Anhänger auf Getreide?

Mittlerweile bietet der Buchmarkt ausreichend Literatur zu den Gefahren von Weizen und anderen glutenhaltigen Getreidesorten wie Roggen, Dinkel oder Gerste. Das enthaltene Gluten soll demnach nicht nur Zöliakie-Patienten zu schaffen machen, weswegen man mittlerweile oft von der jedoch schwer zu diagnostizierenden Glutensensitivität liest. Die Paläo-Anhänger machen jedoch noch einen weiteren Stoff im Getreide neben dem Klebereiweiß Gluten für seine Schädlichkeit verantwortlich: ATI (alpha-amylase/trypsin inhibitors). ATI dienen eigentlich als natürliche Schädlingsabwehr von Getreidekörnern. Studien zeigen jedoch, dass die Substanzen nicht nur bei Zöliakie-Patienten, sondern auch bei Gesunden entzündungsfördernd wirken, sowie den Darm durchlässiger machen und somit eine Immunreaktion in Gang setzen.

Warum verzichten Paläo-Anhänger auf Milchprodukte, stärkehaltiges Gemüse und Zucker?

Milch wird vor allem Kindern als gute Calciumquelle empfohlen, die das Rachitis- und Osteoporose-Risiko senken soll. Studien konnten jedoch zeigen, das Milch das Osteoporose-Risiko nicht senkt. Stattdessen kommt der enthaltenen Milchsäure eine entzündungsfördernde Wirkung zu. Obwohl Milch viel Calcium enthält, scheint Milch keine positiven Auswirkungen auf die Knochengesundheit zu haben. Pflanzliche Calciumquellen wie Brokkoli bieten sich als bessere Alternative an. Hinzu kommt, dass weitere Substanzen für starke und gesunde Knochen wichtig sind, darunter Vitamin D und Phosphor. Auch Zucker wird aufgrund seiner entzündungsfördernden Eigenschaften gemieden. Darüber hinaus verringern Zucker und Lebensmittel mit hohem glykämischen Index, darunter viele stärkehaltige Gemüsesorten, die Insulinsensibilität und erhöhen dadurch das Risiko für Krankheiten wie Diabetes mellitus.

Warum verzichten Paläo-Anhänger auf herkömmliche Pflanzenöle zum Braten?

Pflanzenöle wie Sonnenblumen-, Raps- und Sojaöl enthalten zu einem Großteil mehrfach ungesättigte Fettsäuren. Beim Erhitzen bilden sich bereits bei relativ geringen Temperaturen die sogenannten gefährlichen Transfette. Dennoch ist das Pauschalurteil der Paläo-Anhänger gegen Pflanzenöle so nicht zulässig. Der Körper ist beispielsweise auf die Zufuhr der essentiellen Omega-6-Fettsäure Linolsäure angewiesen, die man in einigen hochwertigen Pflanzenölen findet, während jedoch die Omega-6-Fettsäure Arachidonsäure nachweislich entzündungsfördernd wirkt. Gute Quellen für Linolsäure sind beispielsweise:

  • Distelöl
  • Schwarzkümmelöl
  • Sesamöl

Daneben haben die Omega-6-Fettsäuren Gamma-Linolensäure und Dihomo-Gamma-Linolensäure positive Wirkungen auf den Organismus. Jedoch ist der Fettsäurenhaushalt vieler Bewohner von Industriestaaten aus dem Gleichgewicht geraten. Industriell verarbeitete Nahrungsmittel, sowie Junk Food haben dazu beigetragen, dass viele Menschen deutlich mehr Omega-6-Fettsäuren, als Omega-3-Fettsäuren zu sich nehmen. Im Idealfall liegt das Verhältnis bei 5:1 statt bei den häufig üblichen 10:1. Neben Fisch bieten sich Walnüsse, Leinsamen, Hanfsamen und Mikroalgen als Omega-3-Fettsäuren-Lieferanten an, um den Fettsäurenhaushalt wieder ins Gleichgewicht zu bringen. Alle Pflanzenöle außer Oliven- und Kokosöl sollten ausschließlich kalt, z.B. für Salat-Dressings und Dips verwendet werden, nicht jedoch zum Braten.

Warum verzichten Paläo-Anhänger auf Hülsenfrüchte und Nachtschattengewächse?

Sowohl Nachtschattengewächse, als auch Hülsenfrüchte enthalten höhere Mengen Saponine. Bekannte Saponinquellen sind ansonsten vor allem Waschnüsse und Rosskastanien. Saponine sind die enthaltenen waschaktiven Substanzen und erhöhen ebenfalls wie ATI die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut, wodurch es zu Entzündungen kommen kann. Saponine dienen bei den entsprechenden Pflanzen wohl wie ATI ebenfalls als Abwehrstoffe gegen Schädlinge und sind daher für den Menschen leicht giftig. Im Zuge des Reifungsprozesses werden die Saponine bei Tomaten und Kartoffeln durch die freigesetzte Stärke weitestgehend abgebaut. Genauso enthalten roh genießbare Hülsenfrüchte wie Erbsen weniger Saponine als beispielsweise Kichererbsen, die vor Verzehr eingeweicht und gekocht werden müssen. Betroffene von Autoimmunkrankheiten sollten, wenn sie die Paläo-Ernährungsweise therapeutisch einsetzen möchten, zumindest zu Beginn gänzlich auf Nachtschattengewächse und Hülsenfrüchte verzichten.

Quellen und weitere Informationen:
- Ballantyne, Sarah (2016): Die Paläo Therapie. Stoppen Sie Autoimmunkrankheiten und werden Sie wieder gesund. Riva, München.
- Venesson, Julien (2014): Wie der Weizen uns vergiftet. Ratgeber für Glutensensitive. Riva, München.
- http://www.urgeschmack.de/
- http://paleowiki.de/index.php/Paleo_f%C3%BCr_blutige_Anf%C3%A4nger
- http://www.thepaleomom.com/about-sarah-2
- http://jem.rupress.org/content/209/13/2395.short
- http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/19709092
- http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21335995
- http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/9224182
- http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/16052536

Autor/-in:

Eva Reidemeister

Eva Reidemeister, freiberufliche Texterin, Autorin und Bloggerin, lebt gemeinsam mit ihren Katzen in Wien. Sie betreibt den Blog Histamin-Pirat mit zahlreichen Tipps rund um das Leben mit Histaminintoleranz und verfasst Ratgeberartikel für diverse Online-Plattformen mit Gesundheits- und Ernährungsschwerpunkt.